Maria Eichlseder lehrt und forscht im Rahmen ihres PhD-Studiums am Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie der TU Graz. Ihr zentraler Schwerpunkt ist Kryptografie.
Woran arbeiten Sie zur Zeit?
Ich beschäftige mich mit Kryptografie, also mathematischen Methoden zum Schutz der Vertraulichkeit und Authentizität von Kommunikation. Im Zuge meiner Doktorarbeit analysiere ich einerseits die Sicherheit bestehender Algorithmen der symmetrischen Kryptografie wie etwa Hashfunktionen oder Blockchiffren, andererseits versuche ich, neue, effizientere Verfahren zu entwickeln.
Eine besondere Rolle spielen derzeit sogenannte Authenticated Encryption Algorithms, die Vertraulichkeit und Authentizität gleichzeitig garantieren. Ihnen kommt daher eine besonders zentrale Rolle in Kommunikations-Protokollen wie etwa SSL/TLS für sichere Webseiten zu. Derzeit läuft der mehrjährige internationale Wettbewerb „CAESAR – Competition for Authentication Encryption: Security, Applicability, and Robustness“ mit dem Ziel, effizientere und sicherere Authenticated Encryption Algorithms für neue Anwendungsfelder zu identifizieren. Wir sind sowohl mit unserem eigenen Kandidaten „Ascon“ im Rennen, der dieses Jahr in die zweite Runde aufgestiegen ist, als auch sehr aktiv an der Analyse der anderen Kandidaten beteiligt .
Was ist für Sie Informatik?
Informatik ist der Versuch, Gegenstände zu vermenschlichen, indem man etwas aus dem Inneren unseres Gehirns auslagert. In dieser Hinsicht ist Informatik quasi der nächste logische Schritt nach Kunst und Sprache oder Schrift, die etwas ähnliches tun: Kunst externalisiert Gefühle und Eindrücke, Sprache oder Schrift kann das mit präzisen Informationen, Erinnerungen und Wünschen. Beides ist aber statisch: Momentaufnahmen, die einmal abgelegt werden. Informatik hingegen externalisiert die Fähigkeit, Information auch zu verarbeiten und damit Prozesse abzubilden: Aufgrund von vorhandenem Wissen werden mit zusätzlich erhobenen Eingabedaten Schlüsse gezogen, Ergebnisse kommuniziert und Entscheidungen getroffen. Die notwendigen Grundlagen, um das zu erreichen, liefern uns die Mathematik und die Elektrotechnik.
Das Ergebnis ist dann in einfacheren Fällen ein Kaffeeautomat oder ein Taschenrechner, der nur mit sehr beschränkten Eingabedaten umzugehen braucht und simple Entscheidungen trifft, in komplizierteren Fällen ist es ein selbstfahrendes Auto oder ein autonomer Rettungsroboter.
Typische Fragestellungen der Informatik sind etwa: Welche Fragen und Aufgabenstellungen lassen sich automatisiert beantworten? Wie effizient? Wie kann ich vorhandenes Wissen verwenden, verwalten, verbinden, erweitern?
Was sind für Sie Herausforderungen der Gegenwart, bei denen Informatik helfen kann?
Informatik kann und wird bei jeder kleinen und großen Herausforderung helfen: Sei es, um große Datenmengen zu analysieren, Kommunikation zu ermöglichen, oder aktiv informierte Entscheidungen und Aktionen zu lenken.
Tatsächlich empfinde ich es eher als Anlass zur Sorge, in welchem Umfang Innovationen bei Produkten und Konzepten auf Informatik konzentriert sind, und wie zügellos Daten an Maschinen verfüttert werden, um uns menschliche Entscheidungen und Aktivitäten abzunehmen.
Was haben Sie in der Auseinandersetzung mit Informatik gelernt?
Viel über den Unterschied zwischen der schlichten Eleganz von logischer Kausalität und den hässlichen Schwierigkeiten, die man sich einfängt, wenn man die Kausalitäten der reellen Welt modellieren möchte.
Warum sollten sich StudentInnen für Informatik entscheiden?
Studierende erwartet ein spannender, abwechslungsreicher, anwendungsnaher Trip durch die verschiedenen Aspekte der Informatik. Aufbauend auf den Grundlagen aus Mathematik (je nach gewähltem Studium eventuell auch Elektrotechnik) lernt man, komplexe Systeme von Grund auf zu bauen: von der untersten, hardwarenahen Ebene (wie kann ein Haufen Bauteile überhaupt Code ausführen? Wie sieht ein Betriebssystem, das diese Ressourcen steuert, von innen aus?) über mathematisch-theoretische und algorithmische Aspekte (wie funktionieren logische Schlüsse? Wie kann ich Daten effizient sortieren, suchen, approximieren, und wie „messe“ ich die Effizienz meines Verfahrens möglichst allgemeingültig?) bis hin zu einer Vielzahl von Anwendungsgebieten (wie kann ein Computer lernen, was auf einem Video zu sehen oder zu hören ist? Wie kommuniziere ich, ohne dass andere mitlesen oder meine Nachrichten manipulieren können? Wie kann ein Computer bestmöglich mit Menschen interagieren?). All diese Themen werden in größeren und kleineren Projekten, sehr oft in Teamarbeit, erlernt. Gegen Ende des Studiums spezialisiert man sich mehr und mehr, und geht bei den ausgewählten spannendsten Themen noch viel mehr in die Tiefe.
Außerdem warten allen Prognosen nach langfristig blendende Aussichten am Arbeitsmarkt, mit einer extrem großen Bandbreite an Möglichkeiten und Anwendungsbereichen.
Voraussetzung ist eine Begeisterung dafür, an (Problemen und) Lösungen rund um die Anwendungsgebiete und Fragestellungen der Informatik zu arbeiten. Die wichtigste „intellektuelle“ Voraussetzung ist die Fähigkeit, logisch und objektiv zu denken, Konsequenzen und Alternativen zu überblicken, Probleme strukturiert in Angriff zu nehmen, und auch Details gründlich zu durchdenken. Wenn man in der Schule in Mathematik (oder Physik, Informatik, Elektrotechnik) gut war und Spaß daran hatte, ist das schon mal ein sehr guter Indikator – vielleicht auch, wenn man Latein lieber mochte als Deutsch und Spanisch.
Es ist natürlich keine Voraussetzung, bereits an der Schule programmieren gelernt zu haben, fünf Webseiten zu administrieren, oder ähnliches – obwohl man dann vielleicht leichter einzuschätzen vermag, ob man sich von Informatik begeistern lassen kann.
Was fehlt der Informatik in Österreich?
Hier kann ich keine Antwort geben, die in Österreich mehr zutrifft als anderswo.
Wie für wohl quasi alle Wissenschaften ist die öffentliche Wahrnehmung darüber, worum es bei Informatik „eigentlich geht“, etwas selektiv und verzerrt; insbesondere fehlt im Gegensatz zu den „etablierten“ Wissenschaften manchmal die Wahrnehmung, dass Informatik eine echte (Grundlagen-)Wissenschaft sein kann, und es um mehr geht als das Produzieren und Vermarkten momentan populärer Produkte.