Es ist ein starkes Signal für den Stellenwert der österreichischen Informatik in der internationalen Wissenschaftsszene: Gabriele Kotsis ist die neue Präsidentin der ACM. Die Association for Computing Machinery ist die größte wissenschaftliche Organisation für Informatik und wurde 1947 als erste wissenschaftliche Gesellschaft für Informatik gegründet. Gabriele Kotsis lehrt und forscht an der JKU Linz, war dort Vizerektorin für Forschung, ist Mitbegründerin von Informatik Austria und leitet das Institut für Telekooperation in Linz.
Die ACM hat in hundert Ländern knapp 80.000 Mitglieder, Sitz des Büros ist in New York. Ziel der Organisation ist es, „Wissenschaft und Anwendung der Informationstechnologie zu fördern“. Die Association gibt Publikationen heraus, organisiert Veranstaltungen und verleiht Preise, unter anderem den renommierten Turing Award. Viele Publikationen sind in der Digital Library des ACM öffentlich zugänglich.
Der oder die Präsidentin wird alle zwei Jahre gewählt. Kotsis setzte sich in der Wahl gegen Google-Vizepräsidentin Elisabeth Churchill durch und ist damit die erste Präsidentin, die nicht aus dem angloamerikanischen Raum stammt. Kotsis war bereits seit 2016 in der Führungsebene des ACM aktiv – seit damals war das Führungsteam auch überwiegend weiblich besetzt.
„Ich habe ehrlich gesagt bereits die Nominierung als große Ehre empfunden und bin nun umso stolzer“, sagt Kotsis. Schwerpunkte ihrer Arbeit als ACM-Präsidentin in den nächsten Jahren sieht sie im Beitrag der Informatik zur Lösung der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit: „Klimawandel, medizinische Forschung, Bewahrung der Demokratie – kein anderer Wissenschaftsbereich hat mehr Einfluss auf die Gestaltung der Zukunft und ihrer Technologien. Und gerade in diesen wichtigen, globalen Fragen sind globale Organisationen wie die ACM umso wichtiger. Wir brauchen globale Anstrengungen, um diesen Herausforderungen unabhängig von Einzelinteressen zu begegnen“, sagt Kotsis.
Der Erfolg von Gabriele Kotsis unterstreicht die gute Position österreichischer Informatik. In Österreich bieten sieben Universitäten vollständige Informatik-Curricula, als achten Standort gibt es noch die PhD-Klassen am IST Austria. Und die heimische Informatik-Forschung wird oft ausgezeichnet: ForscherInnen an österreichischen Informatik-Fakultäten und -Instituten bekamen bereits 20 ERC Grants zugesprochen. Gemessen an der Bevölkerung liegt Österreich mit dieser ERC-Dichte international an vierter Stelle.
Und in Linz, wo Kotsis lehrt und forscht, nahm die akademische Informatik in Österreich ihren Ausgang: Dort startete 1969 das erste Informatik-Studium in Österreich – 11 Jahre, nachdem Heinz Zemanek 1958 das Mailüfterl, den ersten Volltransistorcomputer Europas, in Betrieb genommen hatte (mehr zur Geschichte der akademischen Informatik in Österreich). Die Wahl Kotsis’ zur ACM-Präsidentin ist ein weiterer Höhepunkt in der Geschichte der österreichischen Informatik.