Franz Wotawa ist Professor am Institut für Softwaretechnologie der TU Graz und Leiter des neuen Christian Doppler Labors für Methoden zur Qualitätssicherung von autonomen Cyber-Physikalischen Systemen.
Woran arbeiten Sie zur Zeit?
Ich arbeite zur Zeit in zwei Themenfeldern. Zum einen forschen wir derzeit an den Grundlagen und an der Umsetzung von „Fail-Operational Systems“. Das sind Systeme, die sich im Fehlerfall selbständig bis zu einem gewissen Grad reparieren können, um eine gewünschte Funktionalität im Betrieb weiter aufrecht erhalten zu können. Solche Systeme werden unter anderem im Bereich der Autonomen Autos eingesetzt werden. Zum anderen arbeiten wir an automatisierten Verifikations- und Validierungsmethoden inklusive der Fehleridentifikation für Software und Systeme. Ziel hierbei ist es Fehler möglichst frühzeitig in der Entwicklung zu erkennen und gegebenenfalls auch automatisiert – oder zumindest automatisationsunterstützt – zu korrigieren. Im Bereich der Verifikation und Validierung fokussieren wir auf die automatisierte Generierung von Testfällen, die es ermöglichen soll, Garantien über die Qualität der erzeugten Tests geben zu können. Die zugrundeliegende Frage, die dabei beantwortet werden soll, lautet: „Habe ich genug Testfälle erzeugt um ein vorliegendes System funktional überprüfen zu können?“.
Was ist für Sie Informatik?
Die Informatik ist für mich die Wissenschaft der Speicherung, Übertragung und Verarbeitung von Daten und Information. Hierbei stellt die Informatik Grundlagen zur Verfügung, wie zum Beispiel Algorithmen und Datenstrukturen, die es ermöglichen, Information effizient zu verarbeiten und damit Problemstellungen elegant lösen zu können. Durch die Bereitstellung von Problemlösungsmethoden und der fortschreitenden Automatisierung der Verarbeitung von Daten, Information und zunehmend auch Wissen, ist die Informatik im Generellen von weiter steigender Bedeutung. Dies umfasst neben allen anderen Forschungsbereichen auch Wirtschaft, Politik und Gesellschaft mit allen dabei auftretenden Herausforderungen und Problemstellungen.
Was sind für Sie Herausforderungen der Gegenwart, bei denen Informatik helfen kann?
Die Informatik ermöglicht es, Funktionen und Lösungen zu liefern, die andernfalls zumindest nur sehr schwer umgesetzt werden könnten. Ohne Informatik ist zum Beispiel die Umsetzung des Autonomen Fahrens undenkbar. Eine große Herausforderung in der Wirtschaft derzeit ist die Digitalisierung und hier vor allem die Bereitstellung von geeigneten Schnittstellen zur Informations- und Wissensübertragung. Die vollständige Automatisierung von Produktionsprozessen setzt die automatisierte Umsetzung von Entwicklungsdokumenten und -modellen in Arbeitsprozessschritte voraus. Die Informatik hat hier geeignete Methoden und Verfahren um „Industrie 4.0“ entsprechend umzusetzen und die Digitalisierung in der Wirtschaft weiter voranzutreiben.
Informatik kann aber auch helfen, unser Leben sicherer zu machen. Im zumindest teilweise autonomen Fahren sorgen Hilfssysteme dafür, dass Gefahren rechtzeitig erkannt werden. Zusätzlich können Maßnahmen gesetzt werden um diese Gefahren abzuwenden. Derzeit helfen solche Systeme in Fahrzeugen dabei Gefahren durch Spurwechsel oder durch unvorhergesehen Hindernisse abzuwenden. Diese System werden zunehmend in Autos eingesetzt werden und das Fahren weiter sicherer machen.
Was haben Sie in der Auseinandersetzung mit Informatik gelernt?
Ein wichtiger Aspekt der Informatik ist die Bereitstellung von Konzepten und Methoden zur Lösung großer und komplexer Problemstellungen. Die Möglichkeit unterschiedliche Abstraktionsstufen zu behandeln und zu kombinieren und das basierend auf demselben Formalismus wie zum Beispiel einer Programmiersprache, ist etwas was die Informatik auszeichnet. Darüber hinaus können Problemlösungsverfahren und auch Problembeschreibungen direkt zur Berechnung von Lösungen verwendet werden. All das macht die Informatik zu einer universell anwendbaren Wissenschaft, die Theorie und deren Anwendung auf eine sehr schöne Art und Weise kombiniert.
Warum sollten sich StudentInnen für Informatik entscheiden?
InformatikerInnen sind derzeit in der Wirtschaft hoch begehrt und haben kaum Probleme einen gut bezahlten und auch interessanten Job zu bekommen. Da die Informatik viele Bereiche des täglichen Lebens durchdringt und von zunehmender Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft ist, wird der Beruf InformatikerIn sicherlich nicht so schnell unwichtig werden. Das Gegenteil ist eher der Fall. Da aber Beruf auch mit Berufung zu tun hat, sind gewisse Voraussetzungen für das Studium der Informatik notwendig, um das Fach wirklich begreifen und durchdringen zu können. Dies inkludiert sicherlich die Fähigkeiten Problemstellungen analysieren sowie abstrahieren zu können, Lösungswege zu erarbeiten und auch formal als Programm umsetzen zu können. Darüber hinaus ist die Kommunikation mit anderen Menschen und die Bereitschaft lösungsorientiert zu arbeiten sehr wichtig. Gute StudentenInnen sind idealerweise kommunikativ, können Probleme sowie Lösungen formal beschreiben und haben ein abstraktes Denkvermögen.
Was fehlt der Informatik in Österreich?
Die Umsetzung von Neuerungen war und ist in Österreich immer etwas schwieriger gewesen. Die Informatik als noch immer eher neue Disziplin hat hier etwas mehr zu kämpfen. Eine Auswirkung hierbei ist es, dass Informatik nicht immer als eigene Disziplin wahrgenommen wird, sondern nur als Hilfsdisziplin um in anderen Bereichen Fortschritt erzielen zu können. Natürlich ist es auch verständlich, wenn man sich verstärkt um etablierte Bereiche kümmert, um beschränkte Ressourcen effizient einzusetzen. Was man aber vergibt, ist zukünftig relevante Bereiche für Wirtschaft und Gesellschaft aufzubauen. Eine Konsequenz hier in Österreich ist das Fehlen eines internationalen Big Players in der Wirtschaft aus dem Bereich Informatik.
Was ebenfalls wichtig wäre, ist die verstärkte Förderung der reinen Grundlagenforschung ohne Anwendungsbezug in der Informatik. Hier gibt es noch Nachholbedarf um in der Zukunft die Informatikforschung in Österreich zu stärken und weiterzuentwickeln.