Günter Klambauer ist Postdoctoral Researcher an der Johannes Kepler Universität Linz. Sein Forschungsschwerpunkt ist der Einsatz von Techniken des maschinellen Lernens im Bereich der Genetik und Molekularbiologie.
Woran arbeiten Sie zur Zeit?
Ich arbeite zur Zeit an neuen Algorithmen im Bereich des maschinellen Lernens, die lernende Programme im Allgemeinen verbessern sollen. Maschinelles Lernen ist ein Teilgebiet der künstlichen Intelligenz, konkret beschäftige ich mich mit Deep Learning. In Deep Learning verwenden wir Algorithmen, die biologischen neuronalen Netzen nachempfunden sind, es gibt also Neuronen, die von eingehenden Neuronen aktiviert werden können und die ihre Information an andere Neuronen weitergeben. Solche künstlichen neuronalen Netzen können zum Beispiel lernen, bestimmte Muster in Bildern, Sprache oder Texten zu erkennen. Deep Learning ist in den letzten Jahren sehr erfolgreich und hat neue Maßstäbe in vielen Bereichen gesetzt, deshalb setzen auch alle IT-Giganten wie Facebook, Google, und Amazon auf diese Technologie und haben große Forschungsgruppen. Ich setze Deep Learning vor allem in Life Sciences ein, zum Beispiel um neue Medikamente zu entwickeln oder potenzielle Wirkstoffe zu bewerten. Außerdem setze ich Deep Learning Methoden ein, um Bilder, die im medizinischen Bereich erstellt werden, zu analysieren. Ein weiterer Forschungsbereich sind selbst-fahrende Autos, wo wir ebenfalls Deep Learning einsetzen.
Was ist für Sie Informatik?
Informatik ist für mich eine spannende und sehr aktuelle Wissenschaft, die die Grundlage für neue Technologien ist und eine große Chance für uns darstellt.
Was sind für Sie Herausforderungen der Gegenwart, bei denen Informatik helfen kann?
Eine der größten Herausforderungen der heutigen Zeit ist es, die Menschen in allen Teilen der Welt ausreichend medizinisch zu versorgen. In vielen Teilen der Welt gibt es zu wenig Ärzte und wir schaffen es nicht genug auszubilden, um die medizinische Versorgung überall zu gewährleisten. Einen Teil der Aufgaben von MedizinerInnen können hier selbst-lernende, intelligente Programme übernehmen, die zum Beispiel anhand von Bildern und anderen Patientendaten diagnostizieren und Behandlungen vorschlagen. Der Vorteil von Programmen im Vergleich zu MedizinerInnen ist, dass man sie einfach vervielfachen kann (während man sehr lange braucht um MedizinerInnen auszubilden), dass man sie sehr lange einsetzen kann (währen ein Arzt/Ärztin irgendwann in Pension geht), und dass sie keine Fehler durch Unkonzentriertheit oder Ablenkung machen. Ich gebe zu, dass dies das Problem nicht vollständig löst, aber es kann das Problem sehr stark erleichtern.
Außerdem gibt es ein riesiges Problem bei der Verteilung von Gütern, zum Beispiel von Lebensmitteln, die weite Strecken zurücklegen, was dazu führt, dass mindestens ein Drittel aller produzierten Lebensmittel verdirbt und weggeworfen wird. Aufgrund der unklaren Verteilung des Bedarfs, müssen auch sehr große Depots angelegt werden bzw muss überproduziert werden. Wenn man dieses ganze System mit einem sehr intelligenten Programm optimieren würde, also auch Bedarf sehr genau vorhersagen und Beförderungsrouten und Produktion optimieren würde, könnte man die Resourcen viel besser nutzen, man müsste weniger überproduzieren und es würden viel weniger Lebensmittel verderben und weggeworfen werden. Ähnliches gilt für die Strom- und Wasserversorgung.
Was haben Sie in der Auseinandersetzung mit Informatik gelernt?
Bei der Auseinandersetzung mit Informatik lernt man sehr gut Probleme klar zu formulieren und in Teilprobleme zu zerlegen. Zudem erkannte ich auch die Stärke der Mathematik und von vielen mathematisch-fundierten Algorithmen, die erst mit großen Daten und starker Rechenleistung sichtbar wird.
Warum sollten sich StudentInnen für Informatik entscheiden?
StudentInnen sollten sich für Informatik entscheiden, weil es ein vielseitiges Studium ist, das am Puls der Zeit ist und einem viele Möglichkeiten öffnet. Oft kommen Leute zu mir, die eine gute Idee haben, sie aber nicht umsetzen können, weil ihnen einfach das Know-How fehlt, die Idee in Computerprogramme umzusetzen. Es gibt einem also auch die Möglichkeit, seine Kreativität auszuschöpfen. Gute mathematische Kenntnisse sind förderlich, aber nicht unbedingt notwendig – viel mehr zählt Begeisterung, Ehrgeiz und Engagement.
Was fehlt der Informatik in Österreich?
Ich denke der Informatik in Österreich fehlt nichts: die Studienpläne sind gut geplant und aktuell und die Vortragenden sind engagiert und kompetent. Im Bereich der Forschung sind wir in vielen Bereichen im internationalen Spitzenfeld, zum Beispiel bei künstlicher Intelligenz. Ich denke ein Manko ist, dass dem Studium immer noch ein wenig dieses „Nerd-Image“ angehaftet wird, das schon gänzlich veraltet und unhaltbar ist. Ganz im Gegenteil sind die Studierenden der Informatik meiner Meinung nach sehr engagierte, aktive und soziale Menschen, die einen großen Beitrag zu unserer Zukunft leisten werden und diese Zukunft mitgestalten wollen.