Ulrich Schmid leitet die Embedded Computing Systems Group am Institute of Computer Engineering der TU Wien. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Modellierung und mathematische Analyse fehlertoleranter verteilter Algorithmen und verteilte Echtzeitsysteme.
Woran arbeiten Sie zur Zeit?
Ich beschäftige mich mit diskreter Modellierung und formal-mathematischer Analyse von Computer-Hardware, mit beweisbar korrekten verteilten Algorithmen für drahtlose Netzwerke und mit der Theorie fehlertoleranter Echtzeitsysteme.
Was ist für Sie Informatik?
Ein Beweis der Mächtigkeit konstruktiver Mathematik: Unbeschadet der Gültigkeit von Gödel’s Unvollständigkeitssatz hat sie eine eigene Welt erschaffen, die die wirkliche Welt immer stärker beeinflusst.
Was sind für Sie Herausforderungen der Gegenwart, bei denen Informatik helfen kann?
Die Bannung der von Anwendungen der Informatik selbst hervorgerufenen (Un-)Geister: Informationsüberflutung, Sicherheitsrisiken usw.
Was haben Sie in der Auseinandersetzung mit Informatik gelernt?
Dass die Ausführung von einer Milliarde Operationen pro Sekunde zwar ein sehr nützliches Werkzeug liefert, aber in keiner Weise menschliche Ingenuität und Intelligenz ersetzen kann.
Warum sollten sich StudentInnen für Informatik entscheiden?
Informatik ist ein ergiebiges Forschungsfeld, weil die wissenschaftlichen Grundlagen der Informatik selbst („Computer Science“) im Vergleich zu „etablierten“ Gebieten wie Mathematik und Physik immer noch in den Kinderschuhen stecken. Gerade die Informatik braucht daher die besten Köpfe, um mathematisch wohlfundierte und kognitiv beherrschbare wissenschaftliche Grundlagen zu schaffen, die das solide Engineering der immer zahlreicher und in immer kritischeren Funktionen eingesetzten Computersysteme erlauben.
Computer Science beginnt erst weit *jenseits* der Programmierung, die oftmals als Hauptinhalt der Informatik angesehen wird: Die „richtige“ Informatik erfordert, neben formal-mathematischem Talent, Abstraktionsfähigkeit und systemanalytischem Denken, vor allem Neugierde, Offenheit und Kreativität – die klassischen Tugenden eines Wissenschaftlers.
Was fehlt der Informatik in Österreich?
Wie allen naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen (und leider der Bildung allgemein) fehlt die gebührende Wertschätzung in Gesellschaft und Politik.