Simon Ostermann – InformatikerIn der Woche

Simon Ostermann lehrt und forscht in der Distributed and Parallel Systems Group am Institut für Informatik der Universität Innsbruck und beschäftigt sich vor allem mit Cloud- und Grid-Computing und Resource Management in IT-Systemen.

Simon-Ostermann

Woran arbeiten Sie zur Zeit?

Momentan bin ich außerhalb meiner Lehrtätigkeit am Informatik für Institut in Innsbruck noch an einigen Projekten auf nationaler und internationaler Ebene beteiligt. Die meiste Zeit fällt hierbei auf das EU Horizon2020 Projekt mit dem Namen „ENTICE: dEcentralised repositories for traNsparent and efficienT vIrtual maChine opErations”. In diesem Projekt geht es um die Weiterentwicklung von Virtual Machine Image (VMI) Repositories die es erlauben würden, Ventorlocks von Providern zu umgehen und die Auslieferung und das Starten von virtuellen Maschinen zu beschleunigen. Innsbruck ist Koordinator dieses Projekts und als Workpackage Leader bin ich für die verteilte Architektur zuständig, unter der diese VMI gespeichert würden. Hier ist besonders die Optimierung der Verteilung wichtig, die wir anhand mehrerer Parameter optimieren.

Das zweite große EU Projekt, an dem ich arbeite, ist „eRamp: Excellence in Speed and Reliability for More Than Moore Technologies“, bei dem wir spannende Kooperationen mit Chipentwicklern wie Infineon eingehen und daran arbeiten, die Simulationen, die im Laufe einer Chipentwicklung benötigt werden, schneller und effizienter auf Clustern oder Cloud-Ressourcen auszuführen. Der Hintergrund: Europa und Deutschland differenzieren sich über Wissen und Kompetenz. Die eRamp-Projektpartner haben die gesamte Wertschöpfungskette der Leistungselektronik von der Erzeugung, der Übertragung bis zum Verbrauch elektrischer Energie im Blick. So erarbeiten wir zusammen neues Wissen und damit neue Produkte, die Europa wirtschaftlich und ökologisch voranbringen. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich als Nicht-Elektroniker nicht alles aus der Chipentwicklungsbranche verstehe, aber genau ein solcher Austausch macht solche Projekte so spannend.

Und wenn ich dann noch Zeit für eigene Forschungsarbeiten habe, widme ich mich Askalon, einem wissenschaftlichem Workflowsystem, das die Ausführung von komplexen und langwierigen Anwendungen auf Cloud-, Grid- oder Cluster-Ressourcen unterstützt. Hier gibt es viele offene Forschungsprobleme in den Bereichen Scheduling, Resource Managment, Resource Provisioning, Runtime Prediction, Service Level Agreements, …

Was ist für Sie Informatik?

Informatik ist meiner Meinung nach die „Computerwissenschaft“. Alles, was über das reine Verwenden von Smarter Elektronik hinaus geht, ist unter diesem Begriff abgedeckt, von der Software-Entwicklung über Hardware-Entwürfe bis hin zum Hacken des eigenen Staubsaugerroboters, um diesen zu verbessern. Also alle kreativen Tätigkeiten im Computerumfeld, sei es auch nur das Zusammenführen bestehender Ideen oder Konzepte, sind für mich Informatik.

Was sind für Sie Herausforderungen der Gegenwart, bei denen Informatik helfen kann?

Da gibt es viele Herausforderungen, in denen Informatik behilflich sein kann, Probleme zu lösen. Wenn man einen Blick in Branchen wie Medizin, Biologie oder Chemie wirft, stellt man schnell fest, dass auch hier der Großteil der Forschung mittlerweile „informatisch“ vor sich geht. Sicher gibt es auch noch klinische Studien nachdem man mit Simulationen eine mögliche Therapie berechnet hat, aber ohne Informatik würden einige medizinische Herausforderungen heute noch ungelöst sein. Informatik ist so vielseitig einsetzbar, dass damit eigentlich alles simuliert werden kann und somit helfen kann, Probleme zu lösen – sei es bei sicherheitsrelevanten Crashtests am Computer oder bei der Suche nach Heilmitteln für HIV oder Krebs. Ich bin mir sicher, dass die hoffentlich bald gefundenen Heilmittel großteils am Computer entwickelt werden. Aber auch im Kleinen gibt es viel, wovon die Menschen im Zuge der Informatisierung der Welt profitieren: Smartphones mit Gesundheitsmonitoren, Bremsassistenten im Auto, …

Was haben Sie in der Auseinandersetzung mit Informatik gelernt?

Dass einfache Probleme oft sehr komplexe Lösungen brauchen, wenn man sie als Software implementieren will, und wiederum andere abstrakte Probleme sehr einfach in einem Algorithmus abgebildet werden können. Und das ist eine der wichtigsten Künste eines Informatikers: Probleme verstehen, Lösungen finden und dies dann möglichst elegant mit Hilfe einer Programmiersprache umsetzen.

Warum sollten sich StudentInnen für Informatik entscheiden? 

Die guten Jobaussichten in dieser Branche sollten nicht der einzige Grund sein, um sich für Informatik zu Inskribieren. Eine gewisse Freude am Arbeiten mit Zahlen und logischem Denken sollte jeder mitbringen, der Informatik studieren will. Am Anfang des Studiums sind viele Studenten überfordert mit der Anzahl an Hausübungen, die zu machen sind, an denen man teilweise tagelang sitzt. Gerade als Absolvent einer weniger technischen Schule muss man mit 1-2 Semestern rechnen, in denen man sich richtig durchbeißen muss. Absolventen von der HTL tun sich da meist leichter und sind den Stress und die vielen Aufgaben wohl schon gewohnt.
Und das Wichtigste, das einen guten Studenten ausmacht, ist das Interesse am Fach selbst. Wenn ich interessiert und neugierig bin, dann habe ich Spaß an dem was ich mache, und die besten Voraussetzungen, ein erfolgreicher Informatiker zu.

Was fehlt der Informatik in Österreich?

Karrierestellen an den Universitäten. Dank Kettenvertragsregeln ist es Informatikinstituten oft nicht erlaubt, talentiertes Personal zu verlängern – aus Angst, unbefristete Verträge vergeben zu müssen. Dabei sind solche ja jederzeit durch Kündigungen wieder auflösbar. Aber solange es nicht mehr Flexibilität gibt, wird die Universität viele gute Köpfe an das Ausland oder die Privatwirtschaft verlieren! Mittlerweile ist es in Innsbruck nicht mal mehr möglich, einem PhD nach Abschluss seines Doktorats eine PostDoc-Stelle anzubieten (zumindest in einigen mir bekannten Fällen). Ich denke, das ist längerfristig zu kurz gedacht …